Der Fischereihafen Bremerhaven - Teil 3: Institutionen
Fischauktionen und Fischmehlfabriken
Fischauktionen in der Auktions- und Packhalle X von 1929 bis 2017
In ihrer Hochzeit war die Fischauktion ein bedeutender Wirtschaftsfaktor der Region und prägte Bremerhaven wesentlich. Die Fischauktion gab vielen Bremerhavenern einen gut bezahlten Job als Löscher, Auktionator, Büroangestellter oder Hallenarbeiter. Manch ein „Löscher“, so bezeichnete man den Arbeiter, der den angelandeten Fisch entlud, war bereits in der dritten Generation als „Löscher“ tätig. Die morgendlichen Fischauktionen waren damals eine der wichtigsten Bezugs-quellen für die Fischverarbeitungsbetriebe an frische Rohware zu gelangen. Ein typischer Tages- und Nachtablauf sah ungefähr so aus: Während der Nacht wurden die im Laufe des Tages bis nach Mitternacht von der Fangreise zurückkommenden Trawler, Logger, Kutter und Küstenfischereifahrzeuge gelöscht. „Löschen“ heißt im Fachjargon entladen. Hierzu diente die 1.500 m lange Löschkaje, die sich hinter der Halle X befindet. Danach wurden die Fische nach Fischarten sortiert, verwogen und in Kisten zur Auktion gestellt. Morgens konnten die für die Auktion zugelassenen Fischverarbeitungsbetriebe, es waren ausschließlich Großhändler und ortsan-sässige Kleinhändler zugelassen, an der um 07:00 Uhr beginnenden Auktion die Fischrohware ersteigern. Im Jahre 1961 wurden unter Ausschluss der für die Fischmehlfabriken bestimmten Industriefischanlandungen 186.500 Tonnen in Bremerhaven umgesetzt. Heute ist die Auktion ein kleiner überschaubarer Marktplatz, wobei der Handel auch elektronisch abläuft. Inzwischen dient die heute noch stattfindende Fischauktion nicht mehr als wesentliche Bezugsquelle der fischverarbeitenden Unternehmen. Diese bedienen sich von Importen, die per LKW angeliefert werden, wobei die gesamte Verarbeitungsmenge heutzutage bei ca. 200.000 Tonnen liegt. Die Bremerhavener Fischauktion wird im Jahr 2017 in die Halle VII, Fischkai, umsiedeln und befindet sich dann wieder an seinem Ursprungsort im Fischereihafen.
Woran sich viele Bremerhavenerinnen und Bremerhavener vielleicht noch erinnern sind die Radiomeldungen in Bezug auf die benötigten Löschgänge im Fischereihafen. Die Löscher arbeiteten in Gängen, in einer Art Schichtsystem. „Im Bremerhavener Fischereihafen werden zu Arbeitsbeginn um 20:00 Uhr heute die Gänge 1, 2, 3, 4, 5, 6, 20, 21, sowie die Vorarbeiter 5, 6, 7 und 8 benötigt.“ So oder ähnlich lauteten bis vor einiger Zeit die täglichen Hörfunkmeldungen von Radio Bremen und kündigten damit an, dass sich die genannten Löschgänge und Vorarbeiter wieder auf Nachtarbeit einstellen konnten.
Fischmehl- und Tranfabrik J. Hinrich Wilhelms, Herwigstraße
Die Fischdampfer-Reeder hatten verständlicherweise großes Interesse an einem guten Auktionspreis, denn nicht verkaufte Partien konnten nur mit erheblichen Preisnachlässen an Abnehmer in der örtlichen Landwirtschaft verkauft werden. Um dieses Verlustgeschäft zu vermeiden, gründeten Reeder 1898 die erste Fischmehl-fabrik im damaligen Geestemünde. Für die Abnahme der Auktionspartien wurde ein Interventionspreis festgesetzt, unter dem die Ware nicht verkauft werden durfte. Ware, die den Interventionspreis nicht erzielte oder die Partien, die vom Veterinär nicht für den menschlichen Verzehr freigegeben wurden, gingen in die Verwertung an die Fischmehl- und Tranfabriken. In den Anfängen der Fischmehlproduktion wurden neben den Auktionskäufen auch Abfälle wie Fischköpfe zu Tierfutter verarbeitet. Erst die Einführung des Fischfilets, die bei einigen Fischsorten bis zu 60 Prozent Abfall bedeuten, machte einen weiteren Ausbau der Fischmehlproduktion möglich. Die letzte Fischmehlfabrik in Bremerhaven schloss in den 1990er Jahren ihre Tore.
Zu den bekanntesten Fischmehlfabriken gehörte die Firma J. Hinrich Wilhelms. 1926 entstand die Fischmehl- und Tranfabrik in der Herwigstraße. Bis 1939 folgten noch weitere Anlagen in Kiel und Lübeck.
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